05.12.2017 16:06
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Reise auf den Spuren der Reduktionen

Die so genannten Reduktionen – die Missionsdörfer in Lateinamerika – waren ein visionäres jesuitisches Projekt, das vor 250 Jahren durch politische Veränderungen in Spanien zerschlagen wurde. Doch der Verbund von Menschen, die nach gerechten Verhältnissen strebten, beflügelt Autoren bis heute und hat viele Namen bekommen: Jesuitenstaat, Heiliges Experiment, verlorenes Paradies, Land ohne Übel, Reich Gottes auf Erden, …

Vom 14.–29. April geht Missionsprokurator Toni Kurmann mit Christian Roth auf Spurensuche in Bolivien und Paraguay. Für beide eine familiäre Angelegenheit: Toni Kurmann ist fasziniert, was seine Mitbrüder im 17. und 18. Jahrhundert mit indianischen Stammesangehörigen aufgebaut haben, viele von ihnen der Zwangsarbeit und Unterdrückung der Konquistadoren entflohen.
Architekt Christian Roth wiederum kehrt zu den Schauplätzen seines Vaters zurück. Hans Roth, Architekt und Theologe, hat zahlreiche Kirchen vor Ort restauriert und neue Gotteshäuser erstellt – stets in enger Zusammenarbeit mit den Ansässigen, die er ermunterte, die Handwerke ihrer Vorfahren wieder zu erlernen.
Die Reise führt zu Kirchen des Martin Schmid (1694-1772), Jesuit aus Baar. «Seine Werke sind ein einmaliges Zeugnis damaliger Baukunst, die europäische Kirchenarchitektur mit Behausungselementen der Indigenen vereint», sagt Kurmann. Die Innengestaltung, notabene Unesco-Weltkulturerbe, hat es ihm speziell angetan. «In den Kirchenmalereien findet man Engel und Heilige mit Gesichtszügen der Indigenen – ihr ureigener Weg, sich ins Evangelium einzubringen.» Die Musik, damals als Zusammenspiel von europäischen und indigenen Klängen entstanden, wird heute von jungen Musikern weitergetragen, etwa am Frühlings-Festival in der bolivianischen Provinz Chiquitos; es besteht die Möglichkeit, einzelne Konzerte zu besuchen. So wird die Reise in die Vergangenheit eine in die Zukunft mit Einblicken in kulturelle und soziale Projekte. In Paraguay etwa besucht die Reisegruppe Bildungsprojekte, die nach wechselvoller Geschichte erneut von Jesuiten getragen werden.

Näheres zu dieser einmaligen Reise finden Sie hier.

Die Reduktionen sind auch ein Thema in der Sendung «Sternstunde Religion» auf SRF1 am 10. Dezember, 10:00 Uhr. Redaktor Norbert Bischofberger diskutiert mit Kirchenhistoriker Mariano Delgado (Lassalle-Haus-Gäste kennen ihn aus den Reisen nach Spanien, auf den Spuren Ignatius' und der Mystiker) und dem Historiker Jose Caceres Mardones. 

Ausserdem ist in der Neuen Zürcher Zeitung vom 5. Dezember ein Artikel über «Das Ende des heiligen Experiments» erschienen, den Sie hier nachlesen können.

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