30.06.2020 08:54
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Gedanken zum Wandel nach Corona von Kursleiter Lorenz Ruckstuhl

Wir können nicht alles

Der Lockdown und die damit verbundene Entschleunigung haben meiner Seele und meinem Körper gut getan: Alle Weiterbildungen, Inputs und auch die Auszeit im Mai wurden abgesagt und ich hatte damit zwar weniger Geld, dafür meine eigene Auszeit. Zeit, die ich vor allem in der nahen Natur verbracht habe. Dabei wurde mir einmal mehr bewusst, was für ein Glück ich, wir, hier in der Schweiz haben. So viel Sicherheit, Reichtum, intakte Natur … und persönlich dazu ein Umfeld mit betagten Eltern, das bisher vor Corona verschont geblieben ist.

Wenn die Blase platzt…

Wir leben in Blasen, die wir uns als Individuen und als Gesellschaft zurechtbiegen, zum Teil bewusst, meist unbewusst. Und wenn wir Glück haben, so wie ich gerade, ist diese Blase oft wunderschön. Doch Blasen können manchmal unerwartet schnell platzen. Gerade dies hat Covid-II ausgelöst: Auf einen Schlag wird uns wieder bewusst, wie fragil die fitgetrimmte Wirtschaft ist und was für hilflose Geschöpfe wir eben auch sind.

Diese Einsicht zuzulassen tut weh, kratzt an unseren Egos und steht quer zu den von Wirtschaft und Politik geprägten Haltungen. So heisst es überall: «Yes, we can», «wir können das» etc. Doch wir können nicht grenzenlos alles – eine Einsicht, die zurzeit nicht in Mode ist und doch so heilsam wäre für uns in unserem Alltag, für unsere Gesellschaft.

Für mich ist es offensichtlich, dass unsere Kultur, unsere Gesellschaft (nicht die Welt!) in einer Wendezeit angekommen ist: Ein Begriff, den der Physiker und Systemtheoretiker Fritjof Capra bereits Anfang der 80er Jahre prägte.

Von der Angst zur Zuversicht

Veränderungen machen immer Angst. Und diese Ängste werden seit Jahren von Politik und Wirtschaft bewirtschaftet. Doch so werden die anstehenden Probleme (Meinungsmacher sagen lieber: «Herausforderungen») neben und nach Corona nur noch bedrohlicher: Denn Angst lähmt und bringt unser Gehirn in einen gut-böse Modus. Dabei wären Mut, Kraft und Kreativität gefragt angesichts dessen, was auf uns und unsere Nachfahren zukommen wird.

Wie kommen wir aus unseren Ängsten und Sorgen heraus und hin zu einer Zuversicht? Mit diesem Prozess schlägt sich die Menschheit wohl seit ihren Anfängen herum, auf individueller wie auch auf gesellschaftlicher Ebene. Und hat vermutlich dabei immer wieder die gleichen Antworten gefunden: Demut und Liebe. Gegenüber sich, den Nächsten, der Erde. Offenheit für Spiritualität und Transzendenz helfen dabei.

Um den Schmerz kommen wir in diesen Prozessen nicht herum. Doch so erfahren wir zumindest Trost und Sinn, die uns hin zu neuer Hoffnung tragen.

Lorenz Ruckstuhl

Lorenz Ruckstuhl ist Kursleiter der Auszeit zur rechten Zeit

 

 

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