05.09.2019 09:42
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Interview mit Heidi Mettler, Teilnehmerin Alterskurs "Das Beste kommt noch"

Frau Mettler, auf was für ein Leben schauen Sie zurück?

Auf ein reiches, spannendes Leben, mit vielen Hochs und Tiefs. Ich konnte darin vieles selber gestalten und habe unzählige Freundschaften erlebt. Ich hatte zudem das Glück, 45 Jahre lang mit meinem Traummann zusammen zu sein, meiner grossen Liebe.

Wie sind Sie auf den Kurs «Das Beste kommt noch» gekommen?

Nach dem Tod meines Mannes vor 2 ½ Jahren suchte ich nach einem Trauerseminar und stiess dabei auf diesen Kurs, wo ein Modul diesem Thema gewidmet ist. Doch es ist ja nicht möglich, nur ein einzelnes Modul zu besuchen, so suchte ich weiter in verschiedenen Bildungshäuser. Auch der Preis schreckte mich anfangs ab. Mein Sohn jedoch, der im Lassalle-Institut bei Niklaus Brantschen und Pia Gyger diverse Kurse besucht hat, meinte, ich solle jetzt aufs Alter hin nicht «schmürzelig» werden, sondern ich müsse den Kurs unbedingt machen. Da die Informationstage schon vorbei waren, telefonierte ich mit der Kursleiterin Ursula Popp – wir haben uns sofort verstanden, es ist eine Seelenverwandtschaft da zwischen uns.

Sie tendierten also ursprünglich eher zu einem kurzen Kurs

Interessanterweise ist das, was mich ursprünglich abgeschreckt hat – ein ganzes Jahr für einen Kurs! – die grosse Stärke dieses Angebots. Die Aussicht, Leute kennenzulernen, die in meinem Alter und in einer ähnlichen Situation sind, und mit Ihnen über eine längere Zeitspanne unterwegs sein, war verheissungsvoll. Das ist sicher nachhaltiger als ein Wochenende, wo man zwar viele Impulse bekommt, die aber mit der Zeit versanden, weil man aus dem einen oder anderen Grund nichts daraus macht.

Zudem kommen in jedem Modul neue Referenten hinzu, jedes Thema wird von Experten übernommen – so ist der ganze Kurs nicht nur von einer Kursleiterin abhängig. Wenn man den grossen Bogen anschaut, lohnt es sich durchaus, Zeit und Geld für die nächsten 20 Jahre zu investieren und den kommenden Lebensabschnitt aktiv zu gestalten.

Wie setzt sich die Gruppe zusammen?

Mit 62 Jahren bin ich die Jüngste! Die Altersspannweite beträgt 15 Jahre – das ist manchmal eine Herausforderung. Die Teilnehmenden sind je nach Alter an einem verschiedenen Ort im Leben. Doch diese Bandbreite ist auch ein Geschenk: mir wird jedes Mal bewusst, wie verschieden Menschen doch sind. Und ich merke auch, dass nicht alle auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Ich bin dankbar, dass die Kursleitung feinfühlig auf die Einzelnen eingeht, aber die Gruppe als Ganzes immer gut im Blick hat.

Was hat sich seit Beginn des Kurses in Ihrem Leben verändert?

Ich wurde im Februar pensioniert und stellte mir dir Frage: kann es sein, dass ich jetzt nur noch ins Kino gehe und meine Wohnung geniesse? Durch die Impulse und die Lektüre aus dem Kurs habe ich entdeckt, dass Menschen über 60, die aus dem Hamsterrad ausgestiegen sind und sich dem Konsumzwang der Gesellschaft mehr und mehr entgegensetzen, ein grosses gesellschaftliches Potential darstellen.

Wie kann man dieses Potential nutzen?

Diese Menschen müssen sich mit sich selbst auseinandersetzen. Da ist einerseits ein enormes Know-how, das brachliegt, aber auch ein spirituelles Potential, das aktiviert werden kann. Ich würde mehr «vor mich hindümpeln», hätte ich diesen Kurs nicht entdeckt. So aber bekomme ich regelmässig viele Anregungen. Die Diskussionen, Referate und Bücher stehen in einem grösseren Zusammenhang und bringen mich weiter. Dadurch, dass wir uns in regelmässigen Abständen treffen, entsteht eine gute Verbindlichkeit. Die Lust und Motivation, sich gemeinsam auch mit schwierigen Themen auseinander zu setzen, ist so grösser.

Sie sind eine sehr quirlige Person: Sagen Ihnen Stille und Meditation überhaupt zu?

Die ignatianische Spiritualität kenne ich aus regelmässigen Besuchen in Notre-Dame de la Route, dem jesuitischen Bildungshaus in Fribourg. Meine zwei ältesten Kinder waren bereits im Leadership Forum des LI, und ich war immer beeindruckt, wie sich die Leitung um die jüngere Generation kümmert, ihnen einen Zugang zu ihrer Spiritualität ermöglicht. Zen-Meditation habe ich erst in diesem Kurs entdeckt. Doch ich spüre, im stille sein und sich mit der Welt verbinden liegt eine grosse Kraft.

Was wünschen Sie sich für die Zeit, die noch kommt? Wofür wollen Sie sich einsetzen?

Ich befinde mich noch in einem «Übergangsraum», ich habe viele Ideen und Pläne, aber muss sie noch konkretisieren. Da sind auf der einen Seite meine 6 Kinder und 2 Enkelkinder – die letzte Zahl kann noch wachsen – dann möchte ich aber auch den Kontakt suchen zu Menschen, die nicht immer auf der Sonnenseite des Lebens standen. Sei dies eine Nachbarin, die frisch geschieden ist, oder eine behinderte Frau – ich will bereit sein, allen Gattungen von Menschen zuzuhören, Zeit für sie zu haben, den Begegnungen im hier und jetzt Raum geben, egal ob es etwas Einmaliges ist oder etwas, das weiter geht.

Also nicht nur ins Kino gehen und die Pensionierung geniessen, sondern für andere da sein

Beides! Eine Idee, die sich vielleicht in Zusammenarbeit mit der Spitex verwirklichen lässt, ist, älteren Menschen zu helfen, die unter erschwerten Bedingungen Neues lernen müssen – etwa die neue Waschmaschine bedienen, oder Einzahlungen zu machen, was der verstorbene Partner sonst immer erledigte…
An Ideen fehlt es mir nicht, aber ich brauche noch etwas Zeit, um diese umzusetzen.

Heidi Mettler

Der nächste Kurs «Das Beste kommt noch» startet im Februar 2020.

Informationstage im Lassalle-Haus:

02.12.19, 10.00-16.00

13.01.20, 10.00-16.00

Anmeldung unter info@lassalle-haus.org

 

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