Auferstehen mit allen Sinnen
Verschiedene Evangelien berichten uns von der Begegnung mit dem Auferstandenen. Eindrücklich sind für mich insbesondere diejenigen Berichte, in denen die Jünger aufgefordert werden, mit all Ihren Sinnen sich für dieses Begegnung zu öffnen. Thomas, der ungläubig die frohe Botschaft entgegennimmt wird eingeladen, mit Händen zu greifen, was sein Verstand nicht zu fassen vermag (Joh 20). Und der Auferstandenen animiert die Jünger zu essen, gemeinsam mit ihm (Joh 21, Luk 24, Mk 16). Das Spüren und Schmecken steht am Anfang der Auferstehungserfahrung.
Es ist die franziskanische Tradition des Mittelalters, die den Sinnen eine ganz besondere Bedeutung beimisst. Geprägt durch die Gründergestalt Franziskus und seiner Liebe zu Schöpfung, aber auch von der Dichtkunst der Troubadoure. Beide sind fasziniert von der lebensverändernden Kraft der Liebe und der Poesie. In dieser Tradition sind es die Nahsinne, der Spür- und der Geschmackssinn, die uns öffnen für die göttliche Wirklichkeit in unserer Welt. Und erst wenn sie sich geöffnet haben, können die „Fernsinne“ das Hören und das Sehen uns das Leben in Fülle näherbringen (1).
Vielleicht eine Einladung an uns, gerade an Ostern uns im Verspüren und Verkosten - sentir y gustar, wie Ignatius, unser Ordensgründer uns lehrt, neu einzuüben
Für Rose Ausländer wird der blühende Garten zu einem Gleichnis. Nur wenn wir den Morgentau spüren und uns Sonne und Himmel duften, werden auch wir Hörende. Der Gott des Lebens, wie ruft er uns?
Immer blühen
Immer blühen heilge Gärten
einem Kind gewordnen Blick.
Knospen, die sich stolz verwehrten
kehren reuig her zurück.
Engel schreiten durch die Beete
streuen kühlen Morgentau.
Aus der Sonne duftet Röte
aus dem Himmel duftet Blau.
Winterlose Rosenhaine
milde Myrthe, linde Luft:
Immer findet euch der Reine,
der euch aus den Winden ruft.
Tobias Karcher SJ, 11.4.2020
(1) vgl. Simon Peng-Keller: Scala Divini Amoris. Stufen zur Gottesliebe. Ein mystischer Weisheitstext aus der Provence, 2013.