31. Juli: Wegverzehrung
Zu Fuss nach Jerusalem 2015
Täglich begleiteten uns Impulse von Weggefährtinnen und Weggefährten während dem einstündigen Gehen im Schweigen – und darüber hinaus. Es war ein bunter, schöner und tiefsinniger Strauss, aus dem ich hier für Sie zwei Gedichte herauspflücken möchte:
Mensch sein dürfen
Du bist ein Mensch
und darfst es sein
und darfst es sein
mit allem, was tief in dir steckt.
Nichts kann dein Leben mindern,
kein Tod kann es verhindern:
Dein Gott hat dich geweckt.
Du bist ein Mensch
und darfst es sein.
Du bist ein Mensch
und darfst es sein
mit allem, was tief in dir steckt.
Kein Licht und keinen Schatten
in dir darfst du verraten:
Dein Gott ist’s der dich trägt.
Du bist ein Mensch
und darfst es sein.
Du bist ein Mensch
und darfst es sein mit allem,
was tief in dir steckt.
Wenn deine Ängste sterben,
wirst du das Leben erben:
Mit Christus auferweckt.
Du bist ein Mensch
und darfst es sein.
Helmut Schlegel in „Assisi für Pilger“
Vor dem Fenster
Immer ungehinderter
lass ich Wind und Wetter ein
und wehre es ihnen nicht
mir Hitze ins Gesicht zu schlagen
Kälte auf die Wangen
Sonne Mond und alle Jahreszeiten,
die nicht fragen ob sie stören
ob sie später kommen sollen
ohne anzuklopfen,
sind sie da uns aufzutischen,
je nachdem den Hof zu machen
wach zu rütteln zu verteilen,
was es gib und abzutragen,
was zu ende ist
und plötzlich wächst ein Mauerblümchen
über sich hinaus zu seiner Zeit
zu meiner und zu deiner
wart nur ab
(Vreni Merz)
In den täglichen Eucharistiefeiern während den vergangenen Pilgertagen erinnerten die Worte aus dem Exodus an den beschwerlichen Weg aus Bedrängnis und Gefangenschaft in die Freiheit.
Zu neunt waren wir unterwegs – Pilgerinnen und Pilger im Alter zwischen 81 und 41 Jahren. Es war eine grossartige Gruppe, eine Einheit in der Vielfalt, die sich von Franz Mali und Reto Bühler vertrauensvoll über Stock und Stein führen liess. Statistisch gesehen haben wir – mit Vollgepäck auf dem Rücken - während den 8 Pilgerwandertagen auf vielfältigen Wegen 193,5 km mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 4.5 km zurückgelegt und dabei 4474 Höhenmeter Anstieg und 4832 m Abstieg bewältigt. Auch klimatisch waren wir gefordert mit Sonne und Hitze und Nässe und Kühle. Und wenn sich unterwegs zuweilen keine Läden für den Picknick-Einkauf finden liessen, brauchten wir uns nicht zu sorgen: was sich da aus unseren Rucksäcken jeweils unerwartet hervorzaubern liess....
Es waren gute, bereichernde Tage – Ein grosses Dankeschön an Franz und an Reto für die Führung und das Umsorgen, für die geschenkte Zeit!
Martina Wirth