Ein dankbarer Blick zurück
Was kratzt es die Studis?
«Was arbeitest du?», fragte mich vor ein paar Jahren ein Jesuiten-Mitbruder. «Ich bin Bauer», antwortete ich. Auf seinen erstaunten Blick hin präzisierte ich: «Als Universitätsseelsorger bin ich vor allem am Säen». In der Tat half mir dieses Bild über die Jahre (2001 bis 2012) am besten, meine Arbeit an der Katholischen Universitätsgemeinde zu verstehen. Diese Zeit lehrte mich die rechten Relationen im Einsatz für das Reich Gottes: Mit freigebigem Schwung alles geben, abwarten, den Schösslingen Zeit und Raum lassen, sie pflegen, sich an den Früchten wirklich freuen, sich bei scheinbarer Missernte nicht allzu lange grämen, wieder säen … Wachstum und Reife liegen letztlich nicht in unserer Hand.
Als Universitätsseelsorger war mir wichtig, Begegnungen zu ermöglichen und an tragfähigen Beziehungen zu arbeiten. War dies nicht gegeben, fruchteten die tollsten Angebote nicht. Die Studierenden zu motivieren, initiativ zu werden, mit unserer Unterstützung Verantwortung zu übernehmen, an der Universität Kreise zu ziehen, war eines unserer wichtigsten Ziele. Dementsprechend war eine in den vergangenen Jahren immer intensivere Zusammenarbeit mit Gruppierungen und Personen an der Universität zielführend. Die Katholische Universitätsgemeinde hatte für mich die wichtige Aufgabe, den Studierenden bei ihrem Suchen und Entscheiden, in Studium und Wissenschaft, bei der Auseinandersetzung mit anderen Religionen und Weltanschauungen Begleitung und Räume zu bieten, wo kritisches Fragen und Prüfen möglich war. Dabei immer wieder Begegnungs- und Reibungsflächen mit dem christlichen Glauben zu schaffen, war mir ein zentrales Anliegen.
«Was kratzt es die Studis?» Diese Frage wurde zu einem geflügelten Ausspruch, als es darum ging, zusammen mit Studierenden neue Semesterprogramme zu erarbeiten. Wie viele Stunden haben wir darum gerungen, mit unserer Arbeit auf Fragen einzugehen, die von den jungen Menschen tatsächlich gestellt werden, und nicht Antworten geben zu wollen, wo gar keine Fragen sind!
Die Seelsorge an der Universität war für mich kein «weicher Ackerboden». Trotzdem – auf meinem Weg mit den jungen Menschen wurde ich nicht selten beschenkt von einer echten Suche nach einer tragfähigen Spiritualität und überrascht von einer grossen Ernsthaftigkeit beim Einsatz für eine gerechtere und friedvollere Welt. Gab es auch Rückschlage, so ist uns doch vieles gelungen. Gute Früchte durften wir ernten.
«Wir» – ich denke an die vielen Gesichter während meiner Basler Zeit. Wie viel Herzblut und Freigebigkeit durfte ich im Dienst an den jungen Menschen erleben! Ich nehme reichlich Saatgut mit für meine neue Aufgabe im Lassalle-Haus, Bad Schönbrunn.
Bruno Brantschen SJ