Eine Heiterkeit, die allem zu Grunde liegt
Die Vorfreude auf diese Reise war gross, und jetzt, zwei Wochen nach der Rückkehr, sind Erinnerungen da, die immer wieder aufleuchten. Gesichter sind da, Personen mit jenem Anteil ihrer Geschichte, an dem sie teilhaben liessen. Inmitten von Heiterkeit und fröhlichem Zusammensein waren da ernste Gespräche, um zerbrochene und zerbrechende Beziehungen, um Verlust, um das Wegbrechen von Lebenssinn und Inhalt nach der Pensionierung, nach dem Auszug der Kinder, um neue Pläne, Neuorientierung im Beruf, ungeahnte und faszinierende Aufbrüche, frohmachende und Geborgenheit gebende Beziehungen, um erste und letzte Fragen, um Religion, Glaube und eigene Gotteserfahrung.
Frauen reisen zusammen. Frauen, die sich erst auf dieser Reise kennen lernen. Wer wird kommen? Werde ich mich hineingeben können? Kann ich meine eigenen Wege gehen, eigenen Wünschen und Bedürfnissen Raum geben, trotzdem dabei sein?
Und dann eben diese Vertrautheit, ohne eingenommen und vereinnahmt zu werden. Die Heiterkeit, die allem zu Grunde liegt. Die uns unbeschwert singen lässt, uns zum tanzen bewegt, uns auf stiller Wanderung trägt, uns wie Kinder am Strand der bunten Steine spielen und baden lässt.
Patmos, in ein wunderbares Licht getaucht. Wo immer man steht, sitzt, wandert, leuchtet das Meer, in einem tieferen Blau als der Himmel. Patmos nachts, mit wunderbarem Sternenhimmel über den weiss leuchtenden griechischen Häusern.
Vereint im Gesang und im Gespräch
Unsere «Starter» in den Tag sind baden im Meer, frühstücken auf der herrlich gelegenen Frühstücks-Terrasse, ein Morgen-Spaziergang hinauf ins Johanneskloster, einem Geissenpfad entlang im noch milden Morgenlicht und bei angenehm frischer Temperatur in die noch heilsame Stille der Klosterkirche. Jede wie sie will. Eine gemeinsame Runde im Garten, unter blühender Pergola im Kreis, führt uns in den Tag hinein, im Lesen und Hören von Texten, Gedichten und, vor dem Besuch der Johannesgrotte, in welcher der heilige Johannes nach Überlieferung die Schau empfangen hat, die er in der «Apokalypse» niederschrieb, lesen wir den Schlussteil derselben über das neue Jerusalem, das uns verheissen ist. Wenn dann nach dieser gemeinsamen Runde noch ein allerletzter Funken Schläfrigkeit in den Gliedern steckt, lässt sich diese vertreiben durch griechische Tänze, einfache, wunderbare Kreistänze, oder durch ein fröhliches Morgenlied. Wie wir uns im Gesang zusammenfanden, zu «Hause», unterwegs, in Kapellen am Wegrand, war sehr eindrücklich, ohne Testphase, oft mehrstimmig oder im Kanon- einfach wunderbar.
Von heiligen Stätten und bunten Tüchern
Während des Tages besuchten wir die heiligen Stätten der Insel und (ebenso ausgiebig) die nie fehlenden Shops. Wie unterhaltsam ist eine Frauengruppe in einem Schmuck- oder Kleiderladen: da wird probiert und kommentiert, angezogen und gezeigt, geträumt und gekauft. Keine männlichen Begleiter, die unruhig auf die Uhr sehen oder über unnötige (was ja immer stimmt, dem Erlebnis aber abträglich ist) Ausgaben nörgeln («Also Tücher hast Du ja schon jede Menge…») Sie verstehen einfach nicht, dass man genau «dieses Tuch» oder «diesen Schmuck» eben noch nicht hat. Selbst die hartnäckigsten weiblichen Anti-Shopperinnen unter uns kehren zumindest mit einem neuen bunten Tuch, die Leichtigkeit von Patmos symbolisierend, nach Hause.
Besonders bereichernd war der Besuch im orthodoxen Frauenkloster Evanglismos zur Vesper am Auffahrtstag. Nach den Gesängen, Gebeten der Schwestern und Segnungen des Priesters erzählte uns Schwester Gabrielle über die Insel Patmos, das Kloster und fast ein wenig schüchtern auch von ihrem eigenen Weg, der sie zuerst nach Deutschland an die Universität führte, wo sie Soziologie und Literatur studierte und dann ins Kloster. Gabrielle wirkte auf mich gesammelt-weise und kindlich zugleich. «Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, werdet ihr das Himmelreich nicht erlangen.»
Schauen, meditieren, schreiben, sein
Täglich waren uns einige Stunden zur freien Verfügung geschenkt, meist um die Zeit der Siesta bis zum Abendessen. Was lag da näher als das Meer, mit ca. 22 Grad herrlich zum Baden. Oder Skala, das hübsche Hafenstädtchen besuchen, auf dem Dorfplatz einen kühlen Kaffee-Frappé oder griechisches Fruchtjoghurt geniessen, in den hübschen Gassen schlendern, schauen, schauen, schauen. Oder in dem noch angenehm kühlen Zimmer schlafen, meditieren, lesen, schreiben, SEIN.
Die Abende waren allesamt sehr schön an hübschen Orten und Plätzen, um gemeinsam das Abendessen zu geniessen. Wie viel haben wir da gelacht, mit enthusiastischen «Ah’s» und «Oh’s» die griechischen Köstlichkeiten kommentiert und dann im Nu weggeschmaust, so dass die Wirte fröhlich noch mehr aufgetragen haben. Wir fühlten uns willkommen, gern gesehen und gern verwöhnt.
Ein kleiner Geheimtipp nach dem Abendessen war Katharina im Städtchen Skala: sie führt eine herrlich gelegene Bar in Skala, backt wunderbare Kuchen und kreiert herrliche Cocktails. Einige von uns haben sich das eine oder andere Mal den späten Abend mit diesen Köstlichkeiten versüsst.
Eine heilsame Insel
Und zweimal die Fahrt über das Meer im Katamaran, der wie ein Pfeil über das Wasser schiesst, bei der Hinfahrt über spiegelglattes Wasser, im Herzen die grosse Vorfreude auf Patmos, die «heilige» Insel, bei der Rückfahrt über bewegtes Wasser und in Herz und Geist wehmütiger Abschied von dieser wirklich heilsamen Insel, aber nicht für immer.
Und dies alles war möglich, weil uns Elisabeth begleitet hat. Sie hat uns alles Organisatorische abgenommen. Und mehr noch, viel mehr: Elisabeth hat mit ihren Impulsen für spirituelle Nahrung gesorgt, wunderbare Texte für uns ausgewählt, das mystische und «heilige» der Insel erfahrbar werden lassen, uns Raum geschaffen für Erholung an Leib, Seele und Geist.
Elsbeth Burch