16.06.2015 10:54

Exerzitien im Kloster

«Meine anstrengendste und zugleich erholsamste Ferienwoche»

Meine diesjährige Exerzitien-Woche besuchte ich erstmals am neuen Ort:  Voller Erwartung betrat ich am 31.5. das Kloster Menzingen, wo das Lassalle-Haus während der Umbauzeit Aufnahme gefunden hat. Ich war überrascht, im Kloster einen grosszügig bepflanzten und weiten Innenhof  anzutreffen, der eine grosse Stille und Ruhe ausstrahlt. Es ist eindrücklich, wie das Mauergeviert eines Klosters die Alltagsgeräusche eines Dorflebens völlig abschirmen kann. Die Schwesterngemeinschaft und das Lassalle-Haus haben es geschafft, zwischen den beiden Gemeinschaften räumlich und organisatorisch einen gegenseitigen respektvollen Abstand zu wahren, ohne den allseits spürbaren Geist der Offenheit und Gastfreundschaft zu beeinträchtigen. Das Lassalle-Haus nahm gar den Aufwand auf sich, den eigenen Bereich mit einem ansprechenden Farbkonzept zu gestalten. Die Unterkunft und Küche waren auf dem gleich hohen Niveau, wie ich dies von den letzten Jahren her gewohnt war.

Somit konnte ich in der mir bekannten und tragenden Ruhe meine anstrengendste und zugleich erholsamste Ferienwoche  erleben. Bereits seit neun Jahren verbringe ich jährlich eine Woche im Lassalle-Haus, welche mir nicht nur den nötigen Abstand zum Alltag ermöglicht. Der Eintritt wie der Austritt in diese Woche des Schweigens ist für mich immer wieder eine kleine Zäsur. Wie gewohnt machte sich auch diesmal am zweiten oder dritten Tag eine Phase bemerkbar, wo ich mich fragte, was ich mir da eigentlich antue.  Das kurze tägliche Begleitgespräch mit dem Exerzitienleiter hilft mir immer wieder, auf das aktuell wesentliche Thema fokussiert zu bleiben.

Dankbar darf ich erfahren, wie sich in mir durch den Exerzitienweg mein Leben langsam über die Jahre spürbar ändert und weitet:
Die Änderung erlebe ich als anstrengenden und schmerzhaften Prozess, in welchem mein Ego zum Wohle übergeordneter Interessen kleiner wird. Viel  bedeutsamer fühlt sich für mich die Weite als zunehmende Fülle des Lebens an, in welcher die Liebes- und Leidensfähigkeit unmerklich langsam wachsen. Fast wie ein Korb mit immer mehr neuen und schönen Früchten, welche dem Gefäss zugleich ihr Gewicht geben.

Hanspeter Käser

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