Lehrgang Spirituelle Theologie im interreligiösen Prozess
Lernen am Unterschied
Das ‚Lernen am Unterschied’ ist für mich wohl die Essenz des Lehrganges „Spirituelle Theologie im interreligiösen Prozess“. Ich hatte mir nicht vorstellen können, wie bereichernd, lehrreich, aber auch herausfordernd und irritierend es für mich werden würde, mich in dieser Intensität mit der Spiritualität und Mystik der Weltreligionen auseinander zu setzen.
Das Reden und damit Lernen können über Religion und den eigenen Glauben ist aus meiner Erfahrung in der heutigen Gesellschaft oft tabuisiert. Deshalb ist für mich die wesentliche Qualität des Lehrganges, dass die Dozentinnen und Dozenten die Spiritualität nicht nur lehren sondern diese auch leben. So wurden die Lehrgangsmodule immer auch zu einem Dialog über Glauben, Traditionen, Überzeugungen und Sinnhaftigkeit, welcher in einem respektvollen, enttabuisierten und angstfreien Raum geführt werden konnte.
In der Auseinandersetzung mit dem Judentum, dem Buddhismus, dem Hinduismus und dem Islam wurde mir immer wieder neu bewusst, wie vielfältig diese Religionen bei genauerem Hinschauen sind und wie stark ich in meiner Wahrnehmung und Wertewelt geprägt bin von meinem spezifischen Kulturraum, meiner Sprache und meiner christlichen Glaubensgeschichte. Und wie schnell ist man ob dieser eigenen Prägung in einer Projektion auf das Beobachtete. Dass die Dozentinnen und Dozenten immer wieder diese Projektionen aushielten und in einem offenen Dialog die Andersartigkeit der Spiritualität in den jeweiligen Religionen in deren kulturhistorischen Kontext stellten, hat mir geholfen, differenzierter und respektvoller auf die Vielfalt der Spiritualität in den Weltreligionen zu blicken. Dieser Blick hat mich auch immer wieder auf mich selbst zurückgeworfen und mich aufgefordert, mich mit meiner eigenen Glaubensidentität wieder neu auseinander zu setzen und diese am Unterschied weiter reifen zu lassen. Oder, wie es einer unserer Referenten schön zum Ausdruck brachte: "Die Bibel besteht nur aus Buchstaben: Der Mensch hat die einmalige Fähigkeit, an der Tradition weiter zu dichten. Es genügt nicht, nur so zu leben, wie man erzogen wurde sondern es geht darum, immer auch wieder neue Glaubenskleider zu weben."
Christian Bachmann
Betriebsökonom FH
Master of Advanced Studies ZFH in Supervision und Coaching in Organisationen