14.04.2015 10:27
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Ist dir langweilig? Möchtest du mehr Stress?

Dieser Blog-Beitrag richtet sich an alle, die diese Fragen nicht mit «ja» beantworten.
In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren ist die Zahl der Menschen, die zur Zen Meditation finden, weil sie sich in ihrem Alltag gestresst und überlastet fühlen, drastisch angestiegen. Fast jede und jeder kennt aus eigener Erfahrung Situationen, in denen er/sie sich beruflich oder privat überlastet, ausgepowert, gereizt, gehetzt oder nervös fühlt. Wir ärgern uns dann schnell, haben eine «kurze Zündschnur», fühlen uns ohnmächtig und niedergeschlagen oder haben das Gefühl, die Batterien seien ganz einfach leer.
Stress gehört zum Leben. Als sogenannter Eustress vermag er die Leistungsfähigkeit zu erhöhen und stimmt glücklich. Zuviel davon - man spricht dann von Distress - macht krank. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Stress als «eine der grössten Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts» bezeichnet. Alarmierende Statistiken zeigen, dass die ursprünglichen biologischen Abwehrkräfte oft nicht mehr ausreichen oder manchmal sogar ungeeignet sind, den Organismus vor Dauerschäden zu bewahren. Acht von zehn Arbeitenden stehen unter Stress. Jeder Dritte leidet unter Dauerstress. Verspannungen, Rückenbeschwerden, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Schlafstörungen, Magen-Darm-Probleme, Verletzungen, Hautprobleme, Depressionen und Angstgefühle, Atembeschwerden und Herz- und Gefässkrankheiten sind einige gängige Krankheitsbilder, die mit Distress einhergehen. Die Kosten für die Gesundheitssysteme aufgrund der Stresskrankheiten gehen in die Milliarden.

Wir haben es verlernt, ungesunden Stress ernst zu nehmen und darauf angemessen zu reagieren
Meine persönlichen Gespräche bei der Begleitung von Menschen auf dem Zen-Weg und Zahlen aus Stresserhebungen zeigen deutlich, dass wir es im Laufe unserer Erziehung und Anpassung an unser Gesellschaftssystem verlernt haben, auf unsere Körpersignale und unsere Gefühle zu achten. Wir sind uns nicht im Klaren, welche Art von Entspannung uns guttut, was wir wirklich brauchen, um uns gut zu erholen. Von Managern höre ich zuweilen geflissentlich die pure Leugnung: «Stress und Burnout existieren für mich nicht!» Oft sind wir innerlich zu weit entfernt von unseren eigentlichen Bedürfnissen und nicht wirklich in Kontakt mit uns selbst und unserem Körper, als dass wir in stressvollen Situationen in der Lage wären, die im Moment passende Entscheidung für uns zu treffen. In der Regel sind wir sehr stark von gesellschaftlich vorgegebenen Normen, innerbetrieblichen und familiären Abläufen und Strukturen, Zeitdruck, von Meinungen und gesellschaftlichen Idealbildern bestimmt. Es fehlt uns die innere Kraft, konsequent für das einzustehen, was uns wirklich gut tut und was unser Körper und unsere Seele benötigt: Erholung, Entspannung, Ausgeglichenheit und eine tiefere, sinnhafte Motivation für das, was wir tun. Uns fehlt oder wir verlieren immer wieder das Sensorium für unseren Körper und für die Missstände, die Stress hervorrufen kann. Wir müssen erst und immer wieder von Neuem unsere Wahrnehmung dafür schärfen, uns bewusst distanzieren, über uns und unsere Lebensweise nachdenken und uns neu ausrichten, um entsprechend gegensteuern zu können. Leider erlauben sich viele erst nach einem körperlich-psychischen Zusammenbruch und einer damit einhergehenden Burnout-Depression, Zeit für sich und diese lebensbedeutsamen Fragen zu nehmen. Das erlebe ich als Zen-Lehrer erschreckend oft. Aber wir haben nur einen Körper! Und der ist die Voraussetzung, um nicht nur psychisch und physisch gesund und gut, sondern um überhaupt leben zu können.

Stress ist selbst gemacht – und das können wir verändern!
Wenngleich Stress viele Ursachen und viele Gesichter hat, so ist er letztlich von Menschen gemacht. So können wir unsere Aufmerksamkeit darauf lenken und analysieren, was uns stresst und einen achtsameren Umgang mit uns selbst üben, indem wir Freundschaft mit unserem Körper schliessen. Wir können diejenigen Anteile in uns fördern, die wissen, was unser Körper zu welchem Zeitpunkt an Erholung braucht und wie wir Ressourcen in uns aktivieren können. Auf diese Weise kann innerer Friede entstehen. Und unzählige wissenschaftliche Studien belegen: Meditation ist einer der effizientesten Wege, um Stress zu reduzieren und das psycho-physische System zu Ruhe, tiefer Entspannung und innerem Frieden kommen zu lassen.

P.S.: Selbstverständlich ist Zen mehr als Stressreduktion – es ist ein spiritueller Weg. Mit einem positiven Nebeneffekt.

Peter Widmer

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