"Stille, Wut und Zärtlichkeit": Konstantin Wecker im Gespräch mit Niklaus Brantschen
Ein Liedermacher zum Anfassen
Der Liedermacher Konstantin Wecker ist sein über 30 Jahren auf den grossen Bühnen zuhause. Bei seinem Auftritt im Lassalle-Haus am 15.9. zeigte sich, dass er durchaus auch die intime Atmosphäre der kleinen Säle schätzt.
Bis auf den letzten Stuhl ist der Forrenmatt-Saal gefüllt, das Publikum im Halbkreis um die kleine Bühne und den Flügel drapiert, die Stimmung erwartungsvoll. Die Auftritte der vergangenen Tage – Kopenhagen, Hannover – stecken Wecker noch in den Knochen. Mit dem ersten Schritt auf der Bühne ist er jedoch sofort präsent. Niklaus Brantschen führt das Gespräch von der Kindheit, wo Wecker mit dem Vater – einem talentierten, aber erfolglosen Tenor – Opernduette sang und mit der Mutter Eichendorff rezitierte, über die wilden Jugendjahre, als sein Versuch, ein freies Leben mit dem Geld einer fremden Kasse zu führen, im Gefängnis endete. Eindrücklich und einleuchtend zugleich die Worte seines Vaters, als er ihn da besuchte: „Konstantin, zwischen Künstler und Verbrecher ist nur ein kleiner Unterschied. Und zum Verbrecher taugst du offenbar nicht.“
Zum Glück, denkt das Publikum wahrscheinlich unisono, hat er sich für die Kunst entschieden. In seinen Liedern, die er am Flügel vorträgt, schwingt Engagement und Wut mit („Empört euch!“), aber auch Zärtlichkeit, wie in der Hommage an seinen Vater. Nach dem Lied ist das Publikum im Innersten berührt – Niklaus Brantschen spürt diese Ergriffenheit und schlägt gleich eine Schweigeminute für den verstorbenen Vater vor. Beim Signieren wird Wecker von mehreren Zuschauern auf diesen ergreifenden Moment angesprochen, wie auch auf das Gedicht für die Oppositionsgruppe „Weisse Rose“, die 1943 von den Nazis hingerichtet wurde.
Es gibt aber auch viel zu Lachen an diesem Abend. Das Lied „Das Lächeln meiner Kanzlerin“ etwa bringt das Publikum zum Toben. Das Gespräch, immer wieder durch musikalische Einlagen ergänzt, ist offen, ehrlich, unverblümt. Konstantin Wecker ist mit seinen 66 Jahren kein bisschen ruhiger geworden, will mit seinen Texten und seiner Musik bewegen, immer auch auf der Suche nach diesem speziellen Moment, wo der Funken zwischen Publikum und Künstler springt und er mit dem Saal plötzlich eins wird. So wie vergangenen Sonntag im Lassalle-Haus.